KI (Künstliche Intelligenz) wird vom Hype zum Innovationstreiber – aber in vielen Unternehmen fehlen die Ressourcen für eine nachhaltige Umsetzung. Fünf Fragen zur "KI-Readiness" von Unternehmen
Künstliche Intelligenz ist eigentlich kein neues Thema – seit den 70er-Jahren kommt kein ernstzunehmender Science-Fiction-Roman oder Geheimdienst-Thriller ohne "KI" aus. Zum lebensnahen Hype ist es in jüngster Zeit vor allem durch Siri, Alexa und Co. geworden. Aber ein Businessthema für Finanzdienstleister? Das ist erst jetzt der Fall, weil KI langsam aus dem "spielerischen" Bereich in die Geschäftsebene wandert und soweit operationalisierbar geworden ist, dass sie zur Effizienzsteigerung bei Service und Prozessen tatsächlich einsetzbar wird. Das belegen aktuell zum Beispiel sprach- und textverstehende Systeme bei der ING-Diba Bank in den Niederlanden für das Online-Banking, das komplett per Voice gesteuert werden kann. Über den Status des Wunschdenkens ist die Technologie längst hinweg. Das zeigen auch verschiedene Studien (vgl. WeConnect Global Leaders (2017) – Rethink IT und IT-Finanzmagazin).
Damit wird KI schon mittelfristig zum echten Wettbewerbsfaktor auch für Banken und Versicherungen. Abwarten ist also keine Option – jetzt sind strategische Weichenstellungen, aber auch operative Schritte angesagt.
Fünf Fragen vor dem KI-Start
Tatsache ist allerdings, dass Know-how und Skills in Sachen KI ein rares Gut sind – auf dem Markt und ganz besonders in Unternehmen. Um den Anschluss nicht zu verlieren, gilt es dennoch schnell zu handeln und konkrete Einsatzszenarien zu entwickeln. Das bedeutet, dass auch große Finanzdienstleister auf externe Partner für die Umsetzung angewiesen sind, um schnell zu sein. Also ein klassisches Outsourcing-Thema? Ja, aber mit fundierter Vorbereitung. Dabei geht es in erster Linie darum, zu verstehen, was KI bedeutet: Der fundamentale Unterschied zu klassischen Software-Systemen ist, dass Wissen nicht programmiert, sondern trainiert wird. Ist das verstanden und ist klar, welche Ansätze bereits im Markt etabliert sind, können erste KI-Use Cases festgelegt werden. Dabei sind fünf grundlegende Fragen zu klären:
- Gibt es im Unternehmen besonders kostenintensive Prozesse oder Services, die sich schon heute für KI-Lösungen anbieten? Noch ist die Einführung von KI mit relativ hohen Aufwänden verbunden. Nur bei hohem Sparpotenzial und zugleich vielen Geschäftsvorfällen ist auch ein ROI in sinnvoller Frist möglich und nur so kann die Lösung schnell Akzeptanz finden.
- Liegen bereits große Datenmengen vor und ist dieses Wissen bereits so strukturiert, dass KI-Technologien darauf aufsetzen können?
- Ist bekannt, um welche Arten von Daten es sich handelt und gibt es dafür bereits eine Governance? Das ist wichtig, um rechtliche Anforderungen erfüllen zu können, etwa im Kontext der EU-DSGVO.
- Sind intern bereits Ressourcen und Skills vorhanden? Meist geht es bereits bei der Anforderungsdefinition und Implementierung der Lösung nicht ohne externe Unterstützung. Für das Trainieren der Lösung wird ohnehin Expertenwissen vorausgesetzt.
- Welche Sourcing-Variante ist für die gewünschte KI-Lösungen ideal? Die Palette reicht auch hier von Lösungen für den Eigenbetrieb bis hin zu SaaS bzw. Plattformen zur Entwicklung von KI-Lösungen, die als Service angeboten werden (PaaS für KI).
Strukturwandel gefordert – Aufbau eines AI Department
Klar muss bei einem so tiefen Eingriff in Geschäftsmodelle aber auch sein: Die Implementierung einer Technologie ist nur die eine Seite der Medaille. Gleichzeitig müssen neue Strukturen aufgebaut werden. Kernstück ist der Aufbau eines AI Departments und/oder einer Liquid Workforce, welche sich mit Fragestellungen zu KI beschäftigen. Dazu werden in aller Regel verfügbare Mitarbeiter benötigt, die in unterschiedlichen Bereichen eingesetzt werden können. Selbstverständlich muss sich das AI Department kontinuierlich mit der IT-Abteilung koordinieren, um insbesondere Sourcing-Strategien und Konzepte abzustimmen.
Wichtig ist ein langer Atem von Anfang an: "Fertige" KI für individuelle Fragestellungen lässt sich in der Regel nicht einsatzfertig einkaufen. Auch bei einem Sourcing, das Expertenwissen einschließt, fällt nach Vertragsunterzeichnung und Implementierung der Systeme Zeit für das Trainieren der Lösung an.
Auch und gerade deshalb müssen Unternehmen jetzt erste Gehversuche mit KI starten. Das bedeutet in der Regel, sich Unterstützung von außen zu sichern, also ein Sourcing-Modell auch für Künstliche Intelligenz zu nutzen, um schnell starten zu können und rechtzeitig Erfahrungen zu sammeln.