FinOps: Transparenz und Kontrolle für Cloud-Kosten herstellen

Warum Cloud Services mit üblichen Methoden des Kostenmanagements nicht in den Griff zu bekommen sind.

(Teil 1)

Cloud Financial Management

© Andranik Hakobyan, gettyimages via Canva

Cloud First verlangt Cloud-Kostenmanagement

"Cloud First" ist fast zur Parole geworden. Bei praktisch jedem Unternehmen steht die Transformation sehr weit oben auf der strategischen Agenda – selbst in stark regulierten Branchen. Die Produktivitäts- und Effizienzvorteile sind zu offensichtlich, um sie links liegen zu lassen. Also wird der IT-Workload kontinuierlich in die Cloud verlagert.

Doch wie sieht die Bilanz unter dem Strich aus? Wie stellen sich die Kostenstrukturen dar? Tatsache ist: "Cloud First" bedeutet zunächst, Services erst einmal einzuführen und bereitzustellen. Geschwindigkeit und Qualität zählen – die finanzielle Betrachtung hat nicht oberste Priorität.

Tatsache ist aber auch: Dieser "blinde Fleck" wird eher früher als später zur Herausforderung. Schon jetzt stellen Unternehmen fest, dass

  • die Kosten höher sind als erwartet (laut dieser Studie sind zwei von drei Exexutives dieser Ansicht),
  • die prognostizierten Cloud-Ausgaben von Jahr zu Jahr steigen und
  • im Unternehmen keine Instrumente und Methoden für ein aktives Cloud-Kostenmanagement etabliert sind – insbesondere in Verbindung mit den Nicht-Cloud-Kosten.


Das ist keine zukunftsfähige Situation – und zugleich verwunderlich. Denn aktives IT-Kostenmanagement findet in Unternehmen natürlich statt: auf Ebene der eigenen Infrastruktur, bei den Managed Services und auch aus Business-Perspektive. Die Methoden und Instrumente sind also vorhanden. Warum nicht auf Cloud Services anwenden?

Cloud und eigenes Rechenzentrum/Managed Services: Unterschiedliche Struktur, unterschiedliche Kosten

Weil sich der der Markt und seine Mechanismen fundamental unterscheiden, sind andere Methoden gefordert. Cloud Services sind per Definition Standardprodukte "von der Stange". Die Vertragsvorlagen inkl. Reporting, SLA, Service-/Preisobjekte stammen von den Cloud-Anbietern und sind nicht verhandelbar. Hinzu kommt: Der Cloud-Markt ist ein Anbietermarkt mit einer erheblichen Marktmacht weniger großer Anbieter.

In der Praxis heißt das: Der Kunde muss sich das fachlich passende Angebot aus einer Vielzahl von Produkten und deren Kombination selbst zusammenbauen. Er unterwirft sich den Standards der Anbieter, setzt seine IT-Landschaft also aus "fremden Bauklötzen" zusammen. Und diese Bauklötze haben definierte Preispositionen – anders als bei einem Managed-Service-Vertrag, bei dem der Kunde definiert, was wie bepreist und abgerechnet werden soll. Im Gegensatz dazu sind in der Cloud die Preisstrukturen zudem dynamisch und volatil: Anpassungen bei einzelnen Services sind eher die Regel als die Ausnahme.

Hier spielt auch einer der weiteren Pluspunkte von Cloud Services hinein: Die Nutzung ist sehr flexibel, entsprechend variieren die Kosten. Cloud-Kosten sind als wiederkehrende Servicekosten zu betrachten, die nutzungsabhängig entstehen, ohne lange und kostenintensive Investitionszyklen – im Gegensatz zur eigenen gekauften Infrastruktur. Der offensichtliche Vorteil: Die Kosten können kurzfristig und granular auf Produkt- oder Projektebene gesteuert werden. Es gibt also keine statischen, langfristigen Abschreibungen. Die Kehrseite: Traditionelle Instrumente für das Kostenmanagement funktionieren so nicht mehr.

Perspektivwechsel in der Kostenbetrachtung notwendig

In einem Cloud-Setting konzentriert sich also zunächst alles auf die Bereitstellung von Diensten. Das ist zwar einfach, vernachlässigt aber die reale Wertschöpfung. Hier ist ein Perspektivwechsel fällig: Anders als beim eigenen Rechenzentrum oder den meisten Managed Services erfolgt die Abrechnung nicht nach der Bereitstellung, sondern nach der Nutzung. Also: Wie hoch ist die Nutzung eigentlich?

Erschwert wird der Weg zur neuen Transparenz unter anderem durch die bei Cloud Services üblichen Standardverträge mit den definierten, nicht verhandelbaren und unübersichtlichen Preismodellen. Sie erlauben keine individuelle Abrechnungs- und Verrechnungsvereinbarung. Außerdem werden intransparente Leistungen wie Netzwerk-Traffic nicht wie bei einem Managed-Service-Vertrag üblich in den Preisobjekten anteilig verrechnet. In der Cloud sind das zusätzliche Kosten, die schwer vorab kalkuliert werden können. Gleiches gilt zum Beispiel für Security-Leistungen.

Ihre Schattenseiten zeigt die weitgehende Standardisierung in der Cloud auch bei Reporting, Rechnungsstellung und der Messung von Service Level Agreements (SLA): Individualisierung ist nicht vorgesehen, alle Kunden bekommen den gleichen Service. Konkret muss sich also der Kunde anpassen, um SLAs und etwaige berechtigte Pönale zu ermitteln oder aus der Datenflut und zahlreichen Reports die notwendigen Inhalte zu kombinieren, um intern damit arbeiten zu können.

FinOps – Königsweg zu mehr Transparenz?

All diese Unterschiede zu Managed Services – und noch mehr zum eigenen Rechenzentrum – zeigen: Mit herkömmlichen Methoden lassen sich Kosten für die Cloud nicht lückenlos erfassen und steuern. Unangenehme Überraschungseffekte sind die Folge, und trotz aller Agilität im Deployment bleibt die Kosteneffektivität zu lange im Dunkeln.
Es braucht also neue Ansätze für Cloud Financial Management. Und hier kommt FinOps ins Spiel: FinOps leitet sich ab von DevOps, um der agilen Cloud-Welt gerecht zu werden. Die fachlich-technischen, vertraglichen und kaufmännischen Themen werden gezielt adressiert – aber immer mit Ausrichtung auf den Business Value.

Die FinOps-Methodik beschreibt die dafür notwendige Governance mit den zugehörigen Rollen, Prozessen und Tool-Anforderungen. Um etwas beherrschen und managen zu können, benötigt man Transparenz. Ohne Transparenz und Verständnis ist keine Steuerung möglich, so ist es auch bei Cloud-Kosten. Konkret stellen sich die Fragen "Welche Kosten entstehen?" sowie "Wer verursacht die Kosten?". Dementsprechend ist "informieren" die erste Phase des FinOps Lifecycle. Mehr dazu in Teil 2.

Ist diese Transparenz erst hergestellt und kommuniziert, können fachlich-technische, vertragliche und organisatorische Optimierungen erarbeitet und in einem Change-Prozess umgesetzt werden. Feste Regeln und Leitplanken ermöglichen es, ein effektives und effizientes Cloud Financial Management im Unternehmen zu etablieren.

Ist FinOps der einzige Weg, um diese Ziele zu erreichen und den "Lotteriecharakter" aus Cloud-Investitionen zu nehmen? Nein. Der Ansatz der FinOps Foundation (https://www.finops.org) ist mehr als ein vergänglicher Hype und hat sich bereits bewährt. Daneben gibt es aber durchaus auch weitere Modelle und Frameworks (beispielsweise von der Gartner Group) zum Cloud Cost Management/Cloud Financial Management.

Entscheidend ist: Das Thema Kostenmanagement in der Cloud bekommt mehr Aufmerksamkeit. Und die Einsicht reift, dass ein völlig neuer Infrastruktur-Ansatz wie die Cloud eben auch neue Methoden zur Steuerung braucht.

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